Rouen Revisited

Einen interaktiven Kiosk
Golan Levin (Interval Research Corporation, California, USA) und
Paul Debevec (University of California at Berkeley, California, USA)


Einführung


Zwischen 1892 und 1894 schuf der französische Impressionist Claude Monet beinahe dreißig Ölgemälde der Vorderseite der Kathedrale von Rouen in der Normandie. Fasziniert vom Spiel des Lichts und der Atmosphäre der gotischen Kirche malte Monet die Kathedrale systematisch zu verschiedenen Tageszeiten, aus verschiedenen Blickwinkeln und bei unterschiedlichen Witterungen. Jedes Gemälde eröffnet dem Betrachter einen Einblick in eine kurze Zeitspanne und deren Stimmung.

Wir möchten diese Zeitabschnitte ausdehnen, die Farbtupfer in Monets Gemälden vergrößern und im mehrdimensionalen Raum des Rouen der Jahrhundertwende verbinden. In "Rouen Revisited" präsentieren wir einen interaktiven Kiosk, in dem die Besucher dazu eingeladen werden, die Fassade der Kathedrale von Rouen zu erkunden, so, wie Monet sie gemalt haben könnte: aus beliebigen Blickwinkeln, zu verschiedenen Tageszeiten und bei unterschiedlichen Witterungen. Benutzer können diese reproduzierten Bilder sowohl mit jahrhundertalten Archivphotographien vergleichen, als auch mit jüngeren Photographien, die die Spuren von Verwitterung und Kriegen eines Jahrhunderts aufzeigen.

"Rouen Revisited" ist unsere Hommage zum hundertsten Geburtstag von Monets Gemälden der Kathedrale. Wie die Serie von Monet ist auch unser Werk eine Zusammenstellung von Impressionen, ein Dokument von Momenten und Wahrnehmungen über Raum und Zeit. Wir erweitern die Blickwinkel von Monets Studie um Orte, zu denen er keinen Zugang hatte, und koennen dadurch das Objekt seiner Faszination aus der Luft und mit der Erfahrung von 100 Jahren Geschichte betrachten.



Die Technik


Um die Fassade der Kathedrale aus beliebigen Blickwinkeln wiederzugeben benötigten wir ein präzises dreidimensionales Modell. Zu diesem Zweck benutzten wir neue Modellierungs- und Wiedergabetechniken, die von Paul Debevec an der Universität von Kalifornien in Berkeley entwickelt wurden und die es uns erlaubten, aus einer geringen Anzahl von gewöhnlichen Photographien dreidimensionale Modelle von Architekturszenen zu erzeugen. Im Januar 1996 besuchten wir Rouen, wo wir eine Serie von Photographien für die Modellierung aufnahmen. Wir beschafften uns Reproduktionen von Monets Gemälden ebenso wie Photographien von der Kathedrale zur Zeit von Monet.

Das dreidimensionale Modell besteht aus einem groben polyedrischen Rahmen, der durch Applikation von detaillierten Verschiebungsvektoren verfeinert wird. Das komplette Modell wurde aus nur drei Photographien erzeugt. Danach wurden die restlichen Photographien und Gemälde Monets auf das Modell projiziert. Mittels Computer wurden Wiedergaben von allen projizierten Gemälden und Photographien aus Hunderten von Blickwinkeln erzeugt. Mit Hilfe unserer eigenen Zeitraffer-Photographien und der Interpolation zwischen den Texturen von Monets Originalwerken entstanden Bilder der Kathedrale bei unterschiedlichsten Witterungsbedingungen und zu beliebigen Tageszeiten. Das Modell und die Bildwiedergaben wurden durch speziell entwickelte Graphikprogramme auf einem Silicon Graphics Indigo2 Rechner erzeugt. Die Benutzerschnittstelle von "Rouen Revisited" verwendet Macromedia Director und läuft auf einem PC mit einem 300 MHz Pentium Prozessor. Sie erlaubt das unbeschwerte Erforschen von mehr als 12'000 synthetisierten Bildern. Die musikalische Untermalung wurde aus unseren Aufnahmen in der Kathedrale gewonnen.



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